Strange Situations

In meiner schon mehr als dreimonatigen Zeit in Indien (das ist schon ein Viertel des ganzen Jahres!) bin ich draufgekommen, dass man in ungeheurem Ausmaß in Situationen stürzt auf die man nicht vorbereitet sein kann. Ich mag jetzt nicht sagen, dass das daran liegt dass Inder gerne mal sehr spontan sind aber ich habe das Gefühl, als wäre ich in dieser Zeit in mehr absurde Situationen gestolpert als in meinem ganzen bisherigen Leben zusammen. Dieser Blogeintrag ist eine Aneinanderreihung an Geschichten die mir besonders in Erinnerung geblieben sind – im guten aber auch im schlechten Sinne.


Beginnen wir erstmal damit, dass wir Volontäre erfahren haben, dass wir zu dritt einen Tanz zu einer Celebration aufführen sollen. Wir haben uns natürlich sehr geehrt gefühlt, wäre da nicht der kleine Haken gewesen, dass wir zur Vorbereitung ganze eineinhalb Tage Zeit hatten. Für die Inder vollkommen unverständlich wieso wir so nervös davor waren. Warn ja eh nur 130 Leute die dabei zuschauen. Wir nahmen die Herausforderung an, ließen uns von ein paar Mädels den Tanz beibringen, haben die schwierigen Stellen einfach aus dem Lied rausgeschnitten und dachten uns das nichts mehr schief gehen könnte.

Abgesehen davon, dass bei den schwierigen Parts jeder darauf vertraut hat, dass die anderen schon wissen was zu tun ist und wir im Endeffekt das halbe Lied planlos mit Lachkrampf auf der Bühne gestanden sind, ist ja auch nichts schiefgegangen. Ich kann mich nicht beschweren, die Kinder haben trotzdem bei unserem großen Auftritt gekreischt wie bei einem ausverkauftem Justin Bieber Konzert und uns danach für jeden noch so falschen Schritt gelobt. Die Kinder haben natürlich auch getanzt – und uns recht gnadenlos mit ihren Tanzschritten in den Boden gestampft.

Im Grunde bin ich zufrieden, schließlich geht es darum, dass wir uns die Mühe gemacht haben und Spaß gehabt haben und den hatten wir zur Genüge!


Ein weiterer Punkt der besonders anfällig für total seltsame Situationen ist, sind die wöchentlichen Autofahrten ins Chiguru und zurück in die Stadt. Wenn der Wagen mal zu vollgestopft ist, wird man halt auf dem Motorrad hingebracht, was in der indischen Hauptverkehrszeit eine beängstigendere Sache ist als im Wiener Prater die schlimmste Hochschaubahn zu nehmen. Allerdings macht es auch genau so viel Spaß und gibt einen wunderschönen Adrenalinkick!

Sollte der Driver mal wieder aufgrund eines der gefühlten 364 Feiertage im Jahr nicht in die Stadt zurück fahren, so muss man sich wenn man an besagtem Tag Wochenende genießen will, sich selbst helfen – das bedeutet Initiative zu ergreifen und zu Fuß gehen. Wir kamen ungefähr 400 Meter bis wir unterwegs einen Polizisten getroffen haben der uns zum erstaunlich günstigen Preis von 4 Fotos einen Bus angehalten hat und denen gesagt hat, sie sollen uns in die Stadt mitnehmen.


Diese „Weißen-Karte“ ist sicher ein Segen. Man bekommt recht oft irgendwo VIP Plätze angeboten und schließt schnell interessante Bekanntschaften. Mir wäre das im Normalfall recht unangenehm dass ich durch meine Hautfarbe profitiere (und das ist es ab und zu immer noch), jedoch bin ich auch langsam auf die andere Seite der Medaille gestoßen. Wir haben uns irgend so eine Hindu Celebration in der Stadt angesehen, bis plötzlich immer mehr Inder um uns herumstanden die alle ein Foto mit uns haben und Hände schütteln wollten und begonnen haben mich an den Armen zu zerren bis mein Geduldsfaden gerissen ist und ich begonnen habe sie alle anzuschreien und ihnen zu befehlen sich zu schleichen. Hat wohl nicht besonders charmant ausgesehen. Mittlerweile habe ich gelernt ein bisschen cooler mit den Typen die ein Foto mit mir haben wollen umzugehen und ihnen nach dem fünfminütigen Fotoshooting noch eine Umarmung zu geben, was sie im Endeffekt recht perplex zurücklässt was mich offen gestanden doch ziemlich amüsiert ;)

 

Ein paar Wochen zuvor haben wir uns einen kurzen Urlaub am Meer in Visakhapatnam, wo ebenfalls ein Don Bosco Projekt errichtet wurde, in dem zwei weitere Volontäre von Volontariat Bewegt arbeiten, gegönnt. Nach einer wundervollen Badesession im Regen, wobei das Meer wärmer war als die Luft draußen, zogen wir uns unnötigerweise um, bloß um im Regen zu einer Blechbüschse auf Rädern, im Volksmund auch "Bus" genannt, zu rennen und noch nasser zu werden. Nach 15 Minuten Fahrt gab es einen ordentlichen Ruck, wodurch der Busfahrer mit kleinen Lenkproblemen zu kämpfen hatte, weshalb er zur Seite gefahren sind. Ausgestiegen bemerkten wir, dass der Wagen auf der rechten Seite cirka 30 cm tiefer saß als auf der linken. Dank des Platten durften wir unser Gewand ein weiteres Mal im Regen waschen bis der nächste Bus vorbeikam der uns freundlicherweise mitnahm.


Strange situations ereignen sich hier im Schnitt so einmal die Woche und mit der Zeit rechnet man damit. Vorbereitet kann man natürlich nicht sein, man wird immer wieder überrascht. Nach meinem Flughafenerlebnis (siehe Blogeintrag: India – a completely different culture) war ich schon recht abgehärtet gegenüber Situationen in denen einem das Herz in die Hose sinkt. Sicherlich wird noch einiges lustiges auf mich zukommen in meiner Indienkarriere. Schließlich hat mich dieses Land ja noch für fast 9 Monate!

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Kommentare: 1
  • #1

    Elis G. (Freitag, 27 November 2015 12:29)

    Hey David,

    DANKE für die genialen Schilderungen deiner Zeit in Indien. Ich hab gerade deine Blogs gelesen und bin echt begeistert und berührt - so stark, wofür du dich verwenden lässt und womit dich Gott auch immer wieder überrascht. ;)
    Werde dich, die Kids und allen, denen du begegnest
    in mein Gebet einschließen. Echt genial!!

    Keep up the good work!
    Grüße aus Salzburg,
    Elis